Machtkampf in Nordkorea?

„Außer Spesen, nix gewesen“, mag man mit Blick auf den Verlauf der Krise um Nordkorea sagen. Nachdem ungefähr drei Wochen lang kein Tag vergangen ist, ohne dass neue Drohungen aus dem hermetischen Nordkorea kamen, ist nun seit fast zwei Wochen totale Funkstille. Auch die Medien haben, so scheint’s, das Thema mangels schlechter Neuigkeiten ad acta gelegt.

Was, so fragt man sich nun vielleicht, sollte das Ganze? Mal abgesehen davon, dass auch bizarre Potentaten wie Kim Jong Un nicht eine internationale Krise heraufbeschwören, nur weil das Frühstücksei zu hart gekocht war, waren vernünftige Thesen für die nordkoreanische Theateraufführung Mangelware. Hier nun eine, die mir recht wahrscheinlich scheint.

Mehrere Dinge fallen im Vorfeld und dem Verlauf der Krise auf:

1. Wenig außerhalb der Fachkreise beachtet, hat Kim Jong Un schon im vergangenen Jahr damit begonnen, Dutzende verdienter Militärs und Geheimdienstler ihrer Positionen zu entheben, zu degradieren und/oder aus dem Zentralkomitee zu werfen. Einen detaillierten Überblick dieses umfangreichen Revirements findet man  bei „38 North“.

2. Kim Jong Un hat auch sozialpolitisch und wirtschaftlich Reformen eingeleitet wie ebenfalls „38 North“ vermeldete.

3. Kim Jong Un will sich offenbar unbedingt von seinem schwachen Vater Kim Jong Il distanzieren und mit der Selbststilisierung in Richtung seines Großvaters Kim Il Sung an höhere Luftsschichten ankoppeln. Dies zeigt seine Politik, die mehr den großen Sprung seines Großvaters als das minimalistische Klein-Klein seines Vaters betont. Selbst in der Kleidung und dem Gestus eifert er Kim Il Sung nach: Während sein Vater gerne in bequemem DDR-Grenzer-Leibchen auftrat, zeigt sich Kim Jong Un stets in Anzug – klassisch oder Mao-Stil – und in langem schwarzem Wollmantel – eine deutliche Reminiszenz an Kim Il Sung. Selbst die Gesten kim Jong Uns zeigen beim Vergleich mit alten Fotos von Kim Il Sung eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit dem Großvater.

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Kim Il Sung mit etwa 30 Jahren (aufgenommen in den 1940er Jahren)

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Kim Jong Un (29) bei der Ansprache zum 100 Geburtstag von Kim Il Sung 2012

 

Warum also sollte ein Machthaber, der Reformen einzuleiten begonnen hat, der verdiente Hardliner degradiert oder an die frische Luft befördert hat und an ihre Stelle Reformer und Vertraute gesetzt hat und der innenpolitisch eine knallharte Politik der Machtkonsolidierung weit über das Niveau von Kim Jong Il betreibt, ohne Not eine außenpolitische Großkrise vom Zaun brechen?

Die Antwort gibt neben der deduktiven Logik auch das Blog „The War Room“ : In Nordkorea tobt ein Kampf um die Macht im Staate. Ausgetragen wird er vom Militär, das unter dem schwachen Kim Jong Il einen starken Machtzuwachs verzeichnen konnte und der zivilen Führung von Partei und Staat. Kim Jong Un muss zeigen, wer in Nordkorea die Hosen an hat. Das außenpolitische Getöse war vor allem nach innen gerichtet.

Über die weiteren Pläne des Polit-Youngsters lässt sich nur trefflich spekulieren. Eine derartige Machtkonsolidierung, verbunden mit der Entmachtung alter Militärs und des Geheimdienstes könnte sehr wohl die Vorbereitung zu einer umfassenden Reform Nordkoreas sein. Wer dort die herrschenden Verhältnisse tiefgreifend verändern will, muss die Herrschaft fest in Händen halten.

KKW Buschehr bald wieder am Netz

Das im Oktober vorübergehend stillgelegte Kernkraftwerk Buschehr wird bald wieder ans Netz gehen. Dies hat der Direktor der Atomenergieorganistaion von Iran, Fereydoon Abbasi, mitgeteilt. Das KKW war im Oktober stillgelegt worden, weil im Reaktordruckgefäß Bolzen und Schweißrückstände entdeckt worden waren, die, so Abbasi, zu „abnormalen Werten“ geführt hätten. Um die Baureste zu entfernen, mussten auch die Brennstäbe entnommen werden.

Dazu stellen sich zwei Fragen: 1. Wie lange waren die Brennstäbe bereits im Reaktor und welche Menge an Plutonium239 enthalten sie? 2. Werden alle entnommenen Brennstäbe wieder eingesetzt oder werden auch neue, bislang unbestrahlte Brennelemente, eingesetzt?

Hintergrund: Wenn die entnommenen Brennstäbe nicht zu lange bestrahlt wurden, könnte der Anteil an 239Pu hoch genug und die Verunreinigung mit 240Pu gering genug sein, um aus den Brennstäben bombenfähiges Plutonium mit einer Reinheit von 93 Prozent 239Pu oder besser, so genanntes „supergrade Plutonium“ zu gewinnen.

Nebelkerze oder Kriegsgrund?

Der französische Außenminister Laurent Fabius hat im Gespräch mit Radio Europe-1 erklärt, der Iran werde gegen Ende des ersten Halbjahres 2013 genügend Zentrifugen haben „um in Richtung des Atomwaffen-Besitzes gehen zu können“. Dies, so erklärte er, „haben Experten unzweifelhaft festgestellt“. So nachzulesen bei „Uskowi on Iran“.

Die Erklärung lässt jedoch weiten Spielraum. Zentrifugen für den „Marsch zur Atombombe“ hat Iran jetzt schon genug. Entscheidend ist die Konfiguration, die Anordnung der Zentrifugen. Um 90prozentiges oder noch besser 93prozentiges 235U zu erhalten, müssen die bestehenden Anlagen umkonfiguriert werden. Dies ist leicht nachweisbar, zumal auch die Größe der Behältnisse für das „Produkt“,  also das angereicherte 235U, drastisch verkleinert werden müssen, um unerwünschte Kritikalität zu verhindern. Sowohl die Behälter als auch die Zentrifugenanordnung sind charakteristisch.

Nur schwer nachweisbar wäre allerdings eine kleinere, speziell für die Hochanreicherung konzipierte Anlage, die tief verbunkert etwa auf der doppelten Flcähe einer Automechaniker-Werkstatt zu realisieren ist. Sie gäbe auch keine messbaren Emissionen in Form radioaktiver Edelgase oder anderer Spaltprodukte ab.

Warum also behauptet Fabius sinnloses Zeug? Es scheint, als seien auch die Franzosen nun mit den USA im Bunde, die den Druck auf Teheran ständig erhöhen wollen – solange, bis das Regime zusammenbricht oder die Welt vorbereitet ist auf den Erstschlag gegen Iran.

Irans Atomanlagen: Die Angriffs-Anzeichen verdichten sich

David Rothkopf, ein früherer Mitarbeiter der Clinton-Regierung hat jetzt offen ausgesprochen, was sich seit längerem andeutet: Die USA und Israel planen einen begrenzten Angriff auf die Uran-Separationsanlagen in Iran.

Militärisch sagt Rothkopf nichts Neues: Israel sei nicht in der Lage, allein Bomben mit der nötigen Durchschlagskraft ins Ziel zu bringen, der Angriff würde mit bemannten Luftfahrzeugen und Drohnen geführt und soll im Idealfall wenige Stunden und ungünstigstenfalls „einige Tage“ dauern.

Auch der Hinweis, dass ein begrenzter Militärschlag für Obamas Regierung politisch am ehesten zu verkraften sei, ist nicht neu. All diese Zutaten sind bekannt. Die immer rührige WWW-Gerüchteküche bringt allerdings etwas Schärfe in das Menü: Noch vor den US-Wahlen im November soll danach der Angriff erfolgen.

Das könnte auch Israels Ministerpräsident Netanjahu ins Konzept passen. Der sonnt sich gerade in guten Umfragewerten und plant deshalb, die Parlamentswahlen in Israel auf Anfang 2013 vorzuverlegen. Da würde ein erfolgreicher Schlag gegen Iran gut ins Konzept passen. Und er könnte auch die Scharte auswetzen, die er sich mit seinem wenig erfolgreichen Auftritt vor der UN-Vollversammlung eingehandelt hatte.

Bibis Bombe

Benjamin Netanjahu vor der UNO-Vollversammlung

Benjamin Netanjahu vor der UNO-Vollversammlung

Auf der UN-Vollversammlung hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am 27. September seinem Hauptanliegen, der Warnung vor einem Atomwaffenstaat Iran, den vermutlich größten Bärendienst ever erwiesen. Die Grafik einer Bombe, die verdächtig an Sprengsätze aus Slapstickfilmen erinnerte, mutete derart bescheuert an, dass die meisten Menschen offenbar abgeschaltet hatten. Nur so ist zu erklären, warum das, was „Bibi“ zu sagen hatte, vollkommen untergegangen ist.

Denn die Aufregung der Israelis ist berechtigt: Der Iran hat schon sehr bald mehr als 90 Prozent des Weges zur Atombombe zurückgelegt!
Warum das so ist, erläutert das Arms Control Wonk. Eine kurze Zusammenfassung  lautet in etwa so:

Die „Anreicherung“ von Uran ist eigentlich ein Separationsvorgang, hier wird nichts hinzugefügt, wie der Terminus „anreichern“ suggeriert, sondern etwas weggenommen. Genauer gesagt wird das als Isotopengemisch vorliegende Uran in wertloses 238U und „wertvolles“ – weil als Bombenstoff gewünschtes – 235U getrennt. Gestartet wird mit Natururan, das zu 99,3 Prozent aus 238U und nur zu 0,7 Prozent aus 235U besteht. Einfacher ausgedrückt: Wenn die Gesamtmenge des Gemischs 1000 Atome beträgt, dann sind davon 993 Atome 238U, das für eine Bombe unbrauchbar ist und 7 Atome 235U.

Jagt man das Ganze nun immer wieder durch Zentrifugen, bei denen 238U abgeschieden wird, so steigt der Anteil von 235U-Atomen am Gemisch prozentual an,  während zugleich die Gesamtmenge natürlich abnimmt, weil 238U-Atome rauszentrifuguert werden. Bei einem so genannten „Anreicherungsgrad“ von 5 Prozent 235U im Gemisch, wie er typischerweise für den Kernbrennstoff von Druckwasserreaktoren benötigt wird, hat  sich das Verhältnis der Atome zwischen 235U und  238U auf 7 : 140 (5 Prozent) geändert. Oder anders ausgedrückt: Von den 993 unbrauchbaren 238U-Atomen wurden bereits 853 abgeschieden. Damit ist bereits 70 Prozent der gesamten Separationsarbeit auf dem Weg zu waffentauglichem 235U geleistet.

Wird das vorliegende Gemisch dann auf einen Gehalt von 20 Prozent 235U „angereichert“, verschwinden von den vormals 140 Atomen 238U noch einmal 105 Atome, so dass das Verhältnis 235U zu 238U nun 7 : 35 beträgt. Damit ist dann 90 Prozent der gesamten Separationsarbeit geleistet.

Im letzten Schritt der Hochanreicherung auf 90prozentiges U235 müssen von den 35 verbliebenen 238U-Atomen nur noch 34 herauszentrifugiert werden. Und dieser letzte Schritt braucht auch keine riesigen Anlagen mehr wie etwa in Natanz oder Fordow. Dazu reicht ein größeres Labor, das sich gut verstecken und tief verbunkern lässt.

Die jüngste Aufregung um das iranische Atomprogramm kommt also nicht von ungefähr.

Nach dem neuesten Bericht der IAEO vom August 2012 besitzt Iran derzeit 6876 kg auf 5 Prozent 235U angereichertes Material und 189,4 kg auf 20 Prozent 235U angereichertes Material. Die so genannte „single quantity“ (ausreichend für den Bau einer Bombe) liegt bei ungefähr 260 kg auf 20 Prozent 235U angereichertem Material, aus dem sich dann etwa 26 bis 28 kg 90prozentiges 235U gewinnen ließen.

US-Kampfflugzeuge gen Nahost

Eine ganze Reihe von Verlegungen von Kampfflugzeugen Richtung Naher Osten und keine offiziellen Erklärungen dazu:

  • September 2012: AC-130U, MC-130H und HC-130N und P werden aus den USA in den Mittelmeerraum verlegt.

Inzwischen ist auch Stratfor wachgeworden, wie üblich ein bißchen später …

Ansturm auf US-Dollar in Iran

Der Rial, die offizielle Währung des Iran, hat in den vergangenen Wochen drastisch an Wert gegenüber dem US-Dollar verloren. War der Abstieg des Rial bislang ein steiler Sinkflug, so entwickelt er sich jetzt zum Absturz.

Im September 2011 handelte der Rial noch mit 12.000 für einen US-Dollar. Am Freitag vergangener Woche stand der Kurs bei 27.200 zu eins. Über das letzte Wochenende hat sich die Lage noch einmal verschärft: Am Sonntag sackte der Rial auf 29.350 zu eins gegenüber dem US-Dollar und verlor von Sonntag auf den heutigen Montag noch einmal 16 Prozent an Wert mit einem Wechselkurs von 35.000 zu eins, so berichtet das Blog Uskowi on Iran.

Den Wechselstuben scheinen inzwischen die Dollars auszugehen, viele haben begonnen, früher zu schließen als üblich, Menschen sammeln sich auf der Manoochehri Road und dem Istanbul-Platz. Die Preise für Nahrungsmittel, Konsumartikel und Rohstoffe steigen inzwischen täglich.

Update: Am Dienstag, den 2. Oktober, wechselte ein US-Dollar für 45.000 Rial! Seit Jahresbeginn hat die Währung damit fast vier Fünftel ihres Wertes verloren. Die Inflation gibt die Regierung mit 25 Prozent an. Irans Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad macht natürlich den Westen für die Wirtschafts- und Währungskrise verantwortlich.

 

Update 2: Wegen des Währungsverfalls ist es im Iran erstmals zu Ausschreitungen gekommen, berichtet die Tagesschau.

Iran auf Kollisionskurs

Der Iran plant nach Berichten  noch vor Ende des Jahres nach iranischem Kalender großangelegte Militärmanöver zur See und in der Luft. Dies hat nach Angaben des iranischen Nachrichtensenders PressTV der Kommandeur des iranischen Heeres, Brigadegeneral Ahmad-Reza Pourdastan, verlauten lassen.

Auch Streitkräfte der Revolutionären Garden sollen danach an mehreren Manövern beteiligt sein, die „höchstwahrscheinlich“ im Südosten, im Zentraliran und entlang der westlichen Landesgrenze stattfinden sollen. Weitere Manöver seien geplant.

Das iranische Jahr endet im März 2013. Auch dann werden unter Extrapolation der bisherigen Stationierungsintervalle zwei US-Trägergruppen am, im oder vor dem Golf schwimmen. Eine hochexplosive Situation, unter Umständen.